Sie könnten die überfüllten Verkehrsnetze entlasten oder Passagiere auf Kurzstrecken schneller an ihr Ziel bringen: die Rede ist von elektrisch angetriebenen Passagierdrohnen. Galten sie bislang als Zukunftsvision, kommt der Markt jetzt durch technische Innovationen in Bewegung.
München – So planen Dubai, Singapur, Los Angeles und Dallas den Start der ersten Pilotprojekte mit kommerziellen Passagierdrohnen schon Anfang des nächsten Jahrzehnts, weitere Metropolen, auch in Deutschland, werden folgen. Laut der aktuellen Roland Berger-Studie “ Urban Air Mobility: The rise of a new mode of transportation“ arbeiten rund 75 Unternehmen weltweit an der Entwicklung von Passagierdrohnen.
„Wir gehen davon aus, dass Passagierdrohnen für innerstädtische und regionale Strecken in fünf bis zehn Jahren realistisch sein werden“, sagt Manfred Hader, Partner von Roland Berger. „Fortschritte in der Batterietechnologie und bei autonomen Systemen werden hier einen wichtigen Impuls geben.“
Zwar wird der globale Markt für Passagierdrohnen in den kommenden Jahren noch überschaubar sein – nach Ansicht von Roland Berger werden bis 2025 rund 3.000 Drohnen weltweit fliegen. Doch in den Folgejahren wird er exponentiell wachsen, denn sowohl bei den die Anschaffungs- als auch bei den Betriebskosten sind Drohnen deutlich günstiger als beispielsweise Hubschrauber.
Die Autoren der Studie rechnen damit, dass die neue Flugzeuggeneration zu Beginn vor allem in Form von Shuttles (von und zum Flughafen) sowie für den Verkehr innerhalb und zwischen Städten eingesetzt wird. „Passagierdrohnen können den innerstädtischen Mobilitätsmix neu gestalten“, erklärt Roland Berger-Partner Tobias Schönberg. „Mit den geeigneten Rahmenbedingungen könnten sie die oft überfüllten Verkehrsnetze entlasten.“
Technische und gesetzliche Fragen noch offen
Die Frage, wie die erste Drohne für den städtischen Flugverkehr tatsächlich aussehen wird, ist heute noch offen. Zu den Architekturen mit den größten Erfolgsaussichten zählen Multi- und Quadro-Copter, Kippflügler, Senkrechtstarter sowie Hybrid-Konstruktionen. Während erstere besonders für den innerstädtischen Betrieb auf engstem Raum geeignet sind, bieten sich die schnell fliegenden Senkrechtstarter für den Einsatz zwischen größeren Distanzen an.
Es gibt auch noch regulatorische Hürden, die zu überwinden sind. „Passagierdrohnen mit Elektroantrieb benötigen nicht nur entsprechende Lade- und Wartungskapazitäten, sondern auch einen sicheren und von den Behörden genehmigten Landeplatz. Entsprechende Flächen sind nicht nur in dicht besiedelten Metropolen, sondern auch auf dem Land oft schwierig zu finden“, erklärt Manfred Hader.
Eine weitere Voraussetzung für den Einsatz von E-Flugzeugen ist ein robustes 5G-Netz, das die Kommunikation mit Kontrollbehörden und anderen Nutzern des bodennahen Luftraums sicherstellt. Auch der Gesetzgeber ist gefordert, denn Kontrollinstanzen, Lufträume und rechtliche Aspekte müssen bei der neuen Technologie erst noch definiert werden.
Erfolgsfaktor Kooperation
Besonders wichtig für den Erfolg von Passagierdrohnen, sind gezielte Partnerschaften. Wie in Ingolstadt: Die bayerische Stadt ist mit 14 weiteren europäischen Kommunen (unter anderem Genf, Hamburg, Brüssel, Antwerpen, Toulouse) Teil der von der EU unterstützen „Urban Air Mobility-Initiative“. Neben der Bundesregierung und dem Freistaat Bayern hat Ingolstadt zum Start des Projekts Vertreter der Wirtschaft, die benachbarten Flughäfen und weitere Akteure an einen Tisch geholt. Gemeinsam sollen mögliche Einsatzgebiete definiert und notwendige Voraussetzungen für den Testbetrieb geschaffen werden.
„Schaffen es verschiedene Akteure enger zusammenzuarbeiten, so könnte von Europa eine Revolution im Bereich Mobilität ausgehen, um vom hohen Verkehr geplagte Städte zu entlasten“, prognostiziert Tobias Schönberg.